Die Klimadebatte macht vor dem Baugewerbe nicht halt. Nachhaltigere Baustoffe wie Lehm, Holz und Stroh rücken damit wieder in den Fokus, auch wenn sie genau genommen ein alter Hut sind. Schließlich werden sie bereits seit Jahrhunderten genutzt.
Zudem findet die Forschung heute zum Teil ungewöhnliche Ansätze für das nachhaltige Bauen der Zukunft. Ausgereift sind die allerdings noch nicht immer. Eine Auswahl:
Aus dem Meer in die Wand
Seegras ist ein marktreifer, nachwachsender Dämmstoff und bietet viele Vorteile. Man muss es nicht anbauen, denn es wächst auf dem Meeresgrund. Seegras zusätzlich hat einen hohen Salzgehalt und brennt dadurch nicht so leicht. Es lässt sich einfach verarbeiten. Der Dämmwert sei mit einer konventionellen Dämmmatte vergleichbar.
Dazu kommt: Die Faser kann relativ viel Feuchte aufnehmen, ohne dass sie an Dämmwirkung und Massenvolumen verliert, während sich viele der herkömmlichen Stoffe vollsaugen und zusammensacken – die Folge sind Hohlstellen, die schlimmstenfalls zu Schimmel führen.
Eine Wand aus Rohrkolben
Schilf und Rohrkolben (Typha) wirken nicht gerade stabil. Doch verarbeitet als Platten halten sie durch ihre Kammerform – sie sind innen hohl – Lasten aus. Sie können in tragenden Innenwänden verbaut oder als Matte für die Dämmung genutzt werden. Durch die Wiedervernässung der Moore könnten die Pflanzen erneut in größeren Massen regional angebaut werden.
Die Pflanzen an sich gibt es am Bau schon länger, nur durchgesetzt haben sie sich bislang nicht, denn das große Problem ist, dass sich viele Firmen sträuben, innovativen Entwicklungen im Baubereich eine Chance zu geben.
Trennwände aus Popcorn
Popcorn zum Beispiel. Da geht es nicht um Kinofeeling auf der Baustelle, sondern um Spanplatten, die zu rund zwei Dritteln aus Holzspänen und zu rund einem Drittel aus Popcorngranulat bestehen, also aus verarbeitetem Mais. Sie sind wesentlich leichter als übliche Spanplatten.
Entwickelt wurde der Werkstoff an der Uni Göttingen. Und das Forscherteam um Prof. Alireza Kharazipour will noch etwas weiter gehen. Es arbeitet zurzeit daran, Produkte aus 100 Prozent Popcorngranulat herzustellen. Das wird zuerst beleimt und kann anschließend in Form gepresst werden, zum Beispiel zu Stühlen, Platten oder Verpackungsboxen, also zu einem natürlichem Styropor-Ersatz. „Es funktioniert auch als Dämmstoff oder für Trennwände in Büros“, ergänzt Kharazipour.
Die Produkte könnten also bald auf den Markt kommen. Es liefen bereits Gespräche zwischen der Universität und mehreren Firmen über Lizenzierungen, so der Wissenschaftler. „Wir sind schon sehr weit, diese Produkte haben Hand und Fuß.“ Er hofft darauf, dass sie dieses oder nächstes Jahr kommerziell produziert werden.
Flachs im Beton
Klassischerweise wird Beton durch Stahlstreben verstärkt. Modernere Bewehrungen bestehen heute etwa aus Carbon oder etwa Kunststoff. Künftig aber könnten sie aus nachwachsenden Rohstoffen sein, wie zum Beispiel Flachs. Das hoffen die Forscher am Fraunhofer-Institut für Holzforschung in Braunschweig, die zurzeit an dem Projekt arbeiten. Der Stoff sei korrosionsfrei, lange haltbar und habe die gleichen statischen Eigenschaften wie Stahlbeton, heißt es. Er soll günstiger in der Produktion sein und habe eine bessere CO2-Bilanz. Außerdem sei Flachs vielseitig einsetzbar: Da sich die Bewehrung aus Textil fast allen Formen anpasse, seien auch filigrane Bauten möglich. Allerdings ist der Textilbeton noch nicht am Bau verfügbar.