Relikte der Vergangenheit und Leuchtturm für die Zukunft

Jürgen Primm, Managing Director von Landimmo Real Estate Luxembourg ist enthusiastisch, das ist augenfällig. Verantwortlich für die Sanierung und Umnutzung des ehemaligen Heintz van Landewyck-Gebäude, das unter anderem zur neuen Büroheimat des Luxemburger Wort geworden ist, ist dieser Ort geschichtsträchtig und lohnt einen genaueren Blick. Zwischen zu erhaltendem Bestand und zu bewahrendem Dekor, zwischen Geschichte und Anekdoten war eine Besichtigung der neuen Arbeitsumgebung des Luxemburger Wort unumgänglich.

 

Text : Alix Bellac
Übersetzung : Jürgen Primm, Dominique Coutant
Fotos : Matthieu Freund-Priacel

 

 

 

Herr Primm, können Sie uns erklären, wie man zu der Aufgabe kommt, einem so illustren und emblematischen Gebäude wie dem Landewyck-Building neues Leben einzuhauchen und dessen Kommunikation zu führen ?

Die Schnittstelle von Stadt- und Regionalentwicklung mit der Immobilienwirtschaft fasziniert mich schon sehr lange. Nach drei Jahren Bankkauffmann habe ich an der Universität Saarbrücken Geographie, Politikwissenschaften und Europarecht studiert und anschließend europaweit als Consultant in der Regional- und Immobilienanalyse gearbeitet. Im April 2003 konnte ich dann als verantwortlicher Projektentwickler für die Agora in Belval diese Leidenschaft zum ersten Mal ausleben. 2016 bot sich dann die Gelegenheit, als erster Vollzeit-Geschäftsführer der Landimmo Real Estate die bisherigen Erfahrungen in die Ambitionen der Landewyck-Group einzubringen: nachhaltige Stadtquartiere auf nicht mehr benötigten Produktionsarealen zu realisieren. Der Ausbau der Aktivitäten verlief kontinuierlich in den letzten Jahren, inzwischen zählt das Team zehn Personen unterschiedlichster Disziplinen und wird weiter wachsen. Der Umzug in das Landewyck-Building markiert einen wichtigen Meilenstein der Immobilienaktivitäten der Gruppe. Vom dritten Stock, wo unsere neuen Büros sind, haben wir einen perfekten Blick auf die Entwicklung einer vielversprechenden Zukunft...

 

 

Erzählen Sie uns von diesen wunderschönen Büroräumen, in denen das Team des Luxemburger Wort, aber auch von mehreren anderen Unternehmen, seit Dezember 2022 täglich arbeitet…

Am 11. Mai 2022 haben wir das renovierte Landewyck-Building offiziell eingeweiht. Die Familie, die das Gelände besitzt, zählt inzwischen sieben Generationen, die ihre Aktivitäten vor über 120 Jahren in Hollerich angesiedelt haben. Die Zigarettenherstellung ist vor einiger Zeit nach Fridhaff in der Nordstad umgezogen. Noch ehe das Gebäude hier in Hollerich formell unter Denkmalschutz gestellt wurde, war es erklärter Wunsch der Familie, es zu erhalten und umzunutzen.

Das Gebäude wurde 1937 in Anlehnung an den Bauhausstil errichtet. Das Bauhaus – die größte europäische Kunstschule und die Avantgarde ihrer Zeit – zeichnete sich durch funktionale Konstruktionen in einem klaren Stil und durch eine geometrische Architektur aus. Die Eigentümerfamilie wollte dieses Symbol eines vielfältigen Erbes – das eines Familienunternehmens und einer bestimmten Epoche – stets bewahren. Die Herausforderung bestand darin, das Gebäude zu neuem Leben zu erwecken und ihm eine neue, ökonomisch tragfähige Funktion zu verleihen, indem man seine Substanz bewahrt und modernisiert.

 

 

Erzählen Sie uns, wie sich das Gebäude mauserte!

Aufgrund der Tiefe des Gebäudes und der hohen Decken eignete es sich sehr gut für Büros, aber in einer Ausprägung, die sich von den meisten Gebäuden des Landes unterscheidet, in einer einzigartigen Eleganz. Nach diversen Untersuchungen stellte sich heraus, dass es technisch machbar war, auch die Räumlichkeiten der Tabakmanufaktur entlang der Rue Jos Heintz in Büros umzuwandeln. Wir wurden bei dieser Renovierung vom „Institut National du Patrimoine Architectural“ (INPA) begleitet und leisteten Präzisionsarbeit, die auch mal anstrengend, aber immer spannend war.  Das Büro „Belvedere Architecture“ sah auch das Potenzial, das Gebäude und den Park miteinander kommunizieren zu lassen, ausgehend von dem Ort, der ursprünglich Lagerraum war.  Sie schlugen auch eine L-förmige Erweiterung des Gebäudes als skulpturales Element vor, um die neue Epoche zu markieren. Dies führt heute zu einem Gebäude, das perfekt die Verbindung zwischen Erbe und Erneuerung herstellt. Es ist eines der wenigen Gebäude im Land, in dem die französische Bezeichnung „rez de jardin“ = Gartengeschoss hier wirklich zutrifft – der neue Eingang liegt niveaugleich zu 1,2 ha Parklandschaft aus dem Ende des 19. Jahrhundert! Die Landschaftsarchitekten von Areal haben dann das Kunststück geschafft, die unterschiedlichen Höhen aufzunehmen und einen repräsentativen Zugang zum Parc Landewyck auch von der Rue de zu schaffen.

 

 

Eine etwas provokante Frage, aber haben wir das Glück, an diesem Ort arbeiten zu dürfen?

Ganz bestimmt, und das sicher nicht nur aufgrund der innerstädtischen Lage unweit des Hauptbahnhofes! Für Ihre Mediengruppe musste ein neues Arbeitsumfeld gefunden werden. Als die Entscheidung für dieses Gebäude getroffen wurde, das die Kriterien für die Unterbringung von Mitarbeitern und Büros des Luxemburger Wort und anderer Betriebszweige erfüllte, bot der Ort zugegebenermaßen viele Vorteile. Er konnte so eingerichtet werden, um eine Mediengruppe aufzunehmen, ja.

Einige Elemente sollten aber unbedingt noch aus der "alten Zeit" erhalten bleiben. Unter anderem die Schriftzüge „Heintz van Landewyck“ an den Giebeln, die von beiden Richtungen der Rue de Hollerich sichtbar sind. Aber auch die alten Bodenbeläge, die teilweise unter aufeinanderfolgenden Schichten gefunden wurden. An einer Stelle im Erdgeschoss der Büros der Mediengruppe Mediahuis stammen die Fliesen aus der Entstehungszeit des Gebäudes, nämlich 1937! Hier war bis zuletzt das Ersatzteillager der Zigarettenmaschinen untergebracht. Im ersten Stock haben wir unter verschiedenen späteren Bodenbelägen noch original Eichenparkett im Fischgrätmuster gefunden, das fachmännisch restauriert wurde und nun zum Beispiel dem Eckbüro einen ganz besonderen Ton verleiht.

In einem der Räume im dritten Stock des Gebäudes befand sich ein kleines Museum mit Versammlungsraum der Geschäftspartner. Das haben wir modernisiert zur Lounge mit neuer Konferenztechnik, in der aber weiterhin die Geschichte von Heintz van Landewyck und seinen Aktivitäten rund um den Tabak erlebbar ist. Kleine Anekdote am Rande: hier wurde bei den Umbauarbeiten eine zugemauerte Tür auf die Terrasse der Ostfassade entdeckt. Die haben wir wieder hergestellt, so dass man nun auch aus der Lounge einen direkten Zugang zu einer „Raucherterrasse“ hat.